Ein Souvenir,
das mich an die Ferienzeit bzw. Besuchszeit in Griechenland erinnert. Wir
gingen nicht jedes in den Urlaub, da die Flugtickets sehr teuer waren. Ich
verbrachte die Ferien bei den Grosseltern. Ungefragt wurde ich als kleiner
Junge zu Bekannten oder Verwandten geschleppt. Die meisten Leute kannte ich
ja nicht. Ich war noch so klein. Die alten Frauen nannte man Yiayia im Dorf. Sie trugen schwarze
Kleider von Kopf bis Fuss. Das war ein Zeichen, dass ihre Männer schon
gestorben waren. Aus ihren Gesichtern konnte ich schon damals erkennen, ob es
eine Befreiung war. Aber das ist eine andere Geschichte.
Die Häuser
hatten kleine Fenster und sehr dicke Aussenwände. Innen war es dunkel und angenehm
kühl. Nun sass ich in einem grossen Sessel mit kurzen Hosen, gestreiftem T-Shirt
(gelb, braun, orange), Sandalen, weissen Socken und mit der dicksten Hornbrille
der Welt. Meine Mutter unterhielt sich mit der uralten Frau, die ich nicht kannte.
Den Erwachsenen bot man griechischen Kaffee,
Kourambie, Baklawa oder eingelegte, kandierte
Früchte oder Gemüse an.
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In diesem
dunklen Raum, mit den dunklen Möbeln und der schwarz gekleideten alten
Frauen, bekam ich eine herrliche Erfrischung. Sie heisst «Ypowrichio», was U-Boot
bedeutet. Ich bekam einen Löffel von dieser weissen Vanillen-Paste und ein
Glas mit eisgekühltem Wasser. Ich tauchte den Löffel in das Glas Wasser und
lutschte genüsslich an der Vanillen-Paste. Das machte alle Kinder glücklich.
Auf einmal sah ich die alte Frau mit anderen Augen. Wenn ich mich etwas
konzentrierte, dann erkannte ich auch ein zögerndes Lächeln.
Aber keine
von diesen Yiayia mochten mich. Sie spuckten
mich immer an mit «ftou, ftou, ftou».
Ich dachte nur, dass ich mich zuerst übergeben und danach gleich duschen
muss. Erst später verstand ich, dass es ein alter, ja sehr alter Brauch war.
Man spuckte zum Beispiel ein kleines Kind an, weil es sehr schön war. Es war auch
eine Geste, um böse Geister und Blicke fernzuhalten.
Ich habe es
überlebt und die dickste Hornbrille der Welt ist auch Geschichte.
Nun habe ich
diese Vanille-Paste auf Santorini wiederentdeckt. Blitzartig kam mir der
süsse Geruch und «ftou, ftou, ftou» in den Sinn. Seit über 40 Jahren dachte
ich nicht mehr daran. Also kaufte ich einen Becher und öffnete ihn heute. Ich
nahm ein Glas, füllte es mit eiskaltem Wasser und nahm einen Löffel von der
Vanille-Paste. Ich tauchte den Löffel ins Wasser und lutschte wie ein kleiner
Junge. Sie schmeckte fantastisch. Zum Glück hat man an der Rezeptur nichts
verändert.
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